Ein Team aus Anwälten und Historikern spürt Erben von Nachlässen auf der ganzen Welt auf.
Es war nicht der lukrativste, aber gewiss einer der bewegendsten Fälle, die das Team um Nicolas Forster in den vergangenen Jahren bearbeitet hat: Auf der Suche nach den rechtmäßigen Erben eines nach Großbritannien geflohenen Ungarns spürten die Genealogen eine 85-jährige Verwandte auf, die in desolaten Verhältnissen in Sopron lebte. „Mit einem Erbe von 60.000 Pfund zog sie nach Budapest und begann ein neues Leben“, sagt Forster.
In seiner Kanzlei am Stubentor und ihren Niederlassungen in den Bundesländern beschäftigt der 36-Jährige rund 40 Historiker und Anwälte, um Erben herrenloser Nachlässe aufzuspüren. Dafür recherchieren sie weltweit in Archiven, Kirchenbüchern und sogar alten Telefon- und Adressbüchern nach Angehörigen der Verstorbenen.
So auch in einem aktuellen Fall, auf den Forsters Team durch einen KURIER-Bericht aufmerksam wurde: Seit 1990 fahnden australische Behörden nach den Erben eines Einwanderers aus Wien. Es geht um 2,8 Millionen Euro. „Die Spur führt in die Ukraine“, sagt Forster. Ob sie zum gewünschten Ergebnis führt, ist allerdings fraglich. Forster befürchtet, dass die Angehörigen des Verstorbenen im Holocaust umgekommen sind.
Wird kein Erbe gefunden, fällt der Nachlass an den Staat zurück. Allein im Jahr 2011 sammelte die Republik Österreich auf diese Weise Vermögen in Höhe von 7,5 Millionen Euro ein. Es
geht also um viel Geld – und um eine ganze Menge. Wird ein Erbe gefunden, wird ein Honorar vereinbart, das je nach Rechercheaufwand bis zu 35 Prozent des Nachlasses betragen kann. Forster hält das für eine angemessene Summe.
„Anwaltskanzleien in den USA verlangen noch mehr. Und wenn wir keinen Erben finden, bleiben wir auf den Recherchekosten sitzen.“ Und in den meisten Fällen würden die Erben diese Bedingungen ohne Fragen akzeptieren. In manchen Fällen musste die Kanzlei ihre Honorare jedoch sogar vor Gericht erkämpfen.
Rennen Kein Wunder also, dass sich Kanzleien weltweit einen erbitterten Wettbewerb um die lukrativsten Mandate liefern. „Wir kämpfen hart, aber fair“, sagt Forster.
Seine Kanzlei bearbeitet jährlich rund 1200 Fälle, vorwiegend aus dem Gebiet der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie. Rund 300 davon werden geklärt, auch wenn es oft Jahre dauert. Die Nachlasssummen liegen meist zwischen 6000 und 10.000 Euro. Im Rekordfall ging es um eine Erbschaft von 2,5 Millionen Euro, die nach Deutschland ging.
Der Fall, in dem nach mühsamer Recherche im neuseeländischen Wellington ein Erbe eines Nachlasses im Wert von über einer Million Euro ausfindig gemacht wurde, schmerzt Forster noch immer. Trotz endloser Überredungsversuche weigerte sich der Erbe schlicht, das Geld anzunehmen.
Der Grund: „Er hatte Angst, dass seine Frau entführt werden könnte“, erinnert sich Forster. „Und wer sollte dann für ihn kochen?“